Das Prinzip ist so einfach, dass es sogar im deutschen Schulsystem bereits in der Mittelstufe gelehrt wird: Wenn die Nachfrage nach einem Gut größer ist als das vorhandene Angebot, ergibt sich aus der Konkurrenz unter den Abnehmern eine Preissteigerung. Soll der Preis für ein Gut sinken, so muss das Angebot dafür steigen, sodass auch eine für alle erschwingliche Menge des Guts vorhanden ist und die Anbieter um die Abnehmer mit Preissenkungen konkurrieren müssen.
Obwohl diese Logik die Grundlage jedes Verständnisses von Wirtschaft ist, scheint sie aktuell vor allem bei der Debatte um Wohnungsmangel und steigende Mietpreise bei manchen in Vergessenheit geraten zu sein.
Anders ist nicht zu erklären, wie Politiker der Rot-Rot-Grünen Regierung in Berlin auf die Schnapsidee kommen Enteignungen von Privatpersonen und Unternehmen könnten den Berliner Mietmarkt entspannen. Abgesehen davon, dass angesichts solcher DDR-Methoden wie Enteignung nur noch mehr dringend benötigte Investoren aus Berlin fliehen, verändert diese Umverteilung auf den Staat nichts daran, dass das Angebot am Mietmarkt sich nicht verändert. Wenn in Berlin je nach Berechnung bis zu 300.000 Wohnungen fehlen, dann sorgt eine Verstaatlichung der vorhandenen Wohnungen höchstens dafür, dass dort Sozialwohnungen für Arbeitslose oder Parteifreunde entstehen und nicht die arbeitenden Leute ins Zentrum ziehen können, von deren Kaufkraft und Steuern die Stadt und die Gesellschaft als Ganzes profitieren und zum Beispiel die marode Infrastruktur sanieren könnte. Am Wohnungsmangel an sich würde eine Verstaatlichung des bestehenden Bestands im besten Fall gar nichts ändern.
Nur der Bau von mehr Wohnungen, also die Erhöhung des Angebots, kann also das Problem langfristig beheben. Da aber vor allem unter Rot-Rot-Grün die Bürokratie Rekordzeiten benötigt, um einen Bau zu genehmigen und aus ideologischen Gründen abertausende Bauanträge der “bösen” Kapitalisten abgelehnt und Investoren abgeschreckt werden, kann es etwas länger dauern, bis sich der gesunde Menschenverstand und eine Vergrößerung des Angebots durchsetzen.
Um bis dahin dennoch etwas gegen die steigenden Mietpreise und die damit einhergehende Missgunst der Wähler zu unternehmen, versucht die Politik mit verschiedenen Maßnahmen die Preise auf dem Wohnungsmarkt künstlich zu drücken. Eine davon ist die umstrittene Mietpreisbremse, die in Deutschland seit 2015 gilt. Während vor allem unter vielen Linken beklagt wird, dass sie noch nicht radikal genug wäre, veröffentlichten namhafte Ökonomen und Institutionen wie das Institut der Deutschen Wirtschaft und selbst das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie der Bundesregierung die dringende Empfehlung, die Mietpreisbremse ersatzlos zu streichen, da sie ideologisch motiviert und kontraproduktiv sei.
Da wir bei Students for Liberty den Anspruch haben auch akademische Freiheit und den freien Diskurs zu verteidigen und die besseren Ideen zu entwickeln, organisierte die Lokalgruppe Students for Liberty Jena zusammen mit der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit am 25.01.2019 eine Podiumsdiskussion zu der Frage Mietpreisbremse – Fluch oder Segen?.
Wir wollten eine Diskursplattform schaffen, auf der das Konzept der Mietpreisbremse von verschiedenen Standpunkten aus besprochen und alternative Ideen auch mit dem Publikum diskutiert werden konnten, ganz frei nach der liberalen Grundhaltung der Offenheit für Andersdenkende.
Als Experten kamen der Ökonom Dr. Alexander Fink von der Universität Leipzig, der FDP Oberbürgermeister von Jena Dr. Thomas Nitzsche, die Landtagsabgeordnete und wohnungspolitische Sprecherin von DIE LINKE Ute Lukasch und der SPD Landtagsabgeordnete und Aufsichtsratsvorsitzende der Kommunalen Wohnungsgesellschaft Erfurt Frank Warnecke. Entsprechend der Aktualität des Themas und des offenen Konzepts war die Veranstaltung gut besucht und das Publikum sehr divers. Mitglieder unterschiedlicher liberaler Gruppen und interessierte Studenten waren genauso zahlreich anwesend wie die Anhänger verschiedener linker Bewegungen. Letztere kamen zum Teil halb vermummt und erst zehn Minuten nach Veranstaltungsbeginn in den Hörsaal marschiert und besetzten geschlossen den rechten Flügel der Sitze.
Nach der Begrüßung durch Reinhard Kitzig, dem SfL Alumnus Rick Wendler und dem Oberbürgermeister Dr. Nitzsche, präsentierte der Wirtschaftswissenschaftler Dr. Fink zum Einstieg die Studienlage zu der Veränderung von Mietpreisen, den Ursachen dahinter und der empirisch kaum nachweisbaren Wirksamkeit der Mietpreisbremse. Die anschließende Diskussion der Experten mit dem Publikum war von einem intensiven Ideenaustausch geprägt.
Zwischendurch wurde sie dadurch gestört, dass einige vereinzelte Personen in Antifapullis (wahrscheinlich als Reaktion auf die Unvereinbarkeit der empirisch belegten Fakten und ihres ideologischen Weltbildes) wie trotzige Kinder flohen und die Hörsaaltür hinter sich zu knallten. Ob die Lautstärke einer zugeworfenen Tür nun ein stärkeres Argument als die Statistiken oder der Beweis für moralische Überlegenheit sein sollte, wissen nur sie selbst.
Andere Studenten, die sich ebenfalls als Mitglieder linker Organisationen zu erkennen gaben, zeigten sich hingegen angenehm differenzierter und respektvoller. Sie suchten noch nach der Veranstaltung die Diskussion mit einigen anwesenden SfLern und lobten vor allem die sehr überzeugende Analyse und Orientierung an empirisch belegten Fakten durch Dr. Fink. Einige merkten lediglich an, dass sie sich für mehr Ausgewogenheit auch die Präsentation von “alternativen Fakten” durch einen anderen Ökonom gewünscht hätten. Das ist zwar aus diskursethischer Sicht eine nachvollziehbare Kritik – fraglich ist allerdings, ob angesichts des wissenschaftlichen Konsens und der soliden Studienlage sich überhaupt ein seriöser Ökonom für eine eher alternative ergo linke Position gefunden hätte.
Erfreulich war insgesamt, dass die Mehrheit des Publikums sich zivilisiert verhielt und konstruktive Argumente aus verschiedenen Positionen einbrachte, die es auch den Experten ermöglichten die Hintergründe hinter den einzelnen Argumenten zu elaborieren. So entfaltete der Abend eine sehr spannende intellektuelle Tiefe.
Unterm Strich war die Podiumsdiskussion ein voller Erfolg. Es hat sich mal wieder gezeigt, dass man die meisten Menschen nach wie vor im demokratischen Dialog erreichen und so einen konstruktiven Diskurs zwischen verschiedenen politischen Lagern führen kann, bei dem sich letztendlich durch die gemeinsame Analyse die Vernunft durchsetzt.
Wer die Podiumsdiskussion noch nicht gesehen hat, der sollte sich unbedingt die Videoaufzeichnung auf der Facebook-Seite von SfL Jena ansehen:
Danach versteht man nicht nur die Hintergründe der topaktuellen Debatte – man kennt danach auch die wissenschaftlich fundierten Argumente gegen solchen ideologischen Schwachsinn, wie die Vorstellung Käufer und Verkäufer wären Konkurrenten oder sozialistische Methoden hätten zwar in der DDR, Sowjetunion und zahllosen anderen Ländern nicht funktioniert, würden das aber beim nächsten Mal auf magische Art und Weise tun.