Hallo Frank, Du hast schon an Unternehmertum gedacht, bevor Du volljährig warst. Bist Du ein geborener Unternehmer oder was unterscheidet Dich von anderen, die nach dem Abi erstmal studieren und in einen geregelten Job einsteigen wollen?
Ich bin davon überzeugt, dass es sowas wie eine Startup-DNA gibt, also dass einem das Unternehmertum in den Genen liegt – darum ist das auch der Titel meiner Autobiografie. Ich konnte und könnte gar nicht anders, als selbst unternehmerisch tätig zu sein. Es ist eben ein innerer, positiver Drang, der mich schon immer angetrieben hat – und das ist es auch, was mich wahrscheinlich von denen unterscheidet, die den klassischen Karriereweg gehen wollen. Geerbt habe ich dieses Unternehmer-Gen übrigens von meinem Opa, der schon früh mit Grundstücken gehandelt hat.
Du hast Deine ersten Erfahrungen als Unternehmer in der Dotcom-Zeit gemacht. Damals gab es irre Exzesse mit Börsenspekulation, Champagner-Partys und teuren Autos. Was hat sich seitdem geändert? Heißt Unternehmer sein heute immer noch, wilde Partys zu feiern?
Natürlich darf auch heutzutage mal gefeiert werden, wenn ein besonderer Erfolg einen Anlass dazu gibt. Aber damals war Dauerparty, sowohl an der Börse als auch in den Bars – und das hat bei vielen den Blick auf das Wesentliche vernebelt. Inzwischen geht es in der Startup-Szene ruhiger und sachlicher zu: Unternehmer sein heißt in erster Linie, hart für seine Ziele zu arbeiten.
Was sind die Rahmenbedingungen, die ein Unternehmensgründer braucht, um erfolgreich sein zu können? Haben wir diese in Deutschland? Was müsste in Deutschland anders laufen, um attraktiv für wirklich ambitionierte Unternehmungen zu sein und im internationalen Vergleich mit den USA und China mithalten zu können?
Wir haben in Deutschland das Problem, dass wir alle Lebensbereiche bürokratisiert haben – in einem Maße, das die USA und China so nicht kennen. Und macht man einen Fehler, wird man gleich hart sanktioniert. Dazu kommt ein Steuerrecht, bei dem selbst ehemalige Verfassungsrichter sagen, dass sie es nicht mehr durchschauen.
Außerdem nutzen wir die Potenziale nicht, die die Digitalisierung bietet – noch längst nicht alle Behördengänge, bei denen es möglich wäre, lassen sich online erledigen. Hier ist noch viel Potential.
Aber immerhin: wir haben in Deutschland eine hohe Rechtssicherheit, was ja auch ein Wert an sich ist.
Was sind das für Leute, die heutzutage ein Startup gründen, für das sie die nächsten Jahre Tag und Nacht arbeiten und nicht wissen, ob es sich jemals rentieren wird? Sind Unternehmer Draufgänger oder naive Idealisten?
Sicher auch Idealisten, aber hoffentlich nicht naiv. Und Draufgänger müssen sie auch sein, aber hoffentlich nicht unüberlegt. Die erfolgreichsten Gründer glauben an ihre Vision und legen sich zu 100 Prozent dafür ins Zeug. Dabei behalten sie aber auch einen kritischen Blick auf das eigene Unternehmen und blenden mögliche Probleme nicht aus, sondern steuern überlegt frühzeitig dagegen.
Oft werden Unternehmer in der öffentlichen Wahrnehmung als egoistische Profitmaximierer oder gar Ausbeuter dargestellt. Erfahren Unternehmer in unserer Gesellschaft die Anerkennung, die sie verdienen?
Das ist in Deutschland tatsächlich ein Problem: Unternehmer werden oft als profitgierige Egomanen dargestellt. Dass sie aber gleichzeitig die sind, die die Arbeitsplätze schaffen, wird weitgehend ausgeblendet oder sogar noch negativ dargestellt. Das ist ganz anders als in den USA oder in den asiatischen Ländern, in denen besonders die positive Rolle der Unternehmer gesehen und hervorgehoben wird. Da muss sich in Deutschland noch einiges ändern.
Wie viel Freiheit braucht der Unternehmer und welche Schranken müssen ihm zum Wohle der Gesellschaft gesetzt werden?
Das Thema Bürokratie habe ich ja schon angesprochen, da dürfte es gerne manchmal etwas weniger sein. Unternehmer brauchen möglichst viel Freiheit, aber diese darf natürlich nicht zu Lasten der Allgemeinheit gehen, es gibt eben Regeln, an die sich alle halten müssen. Allerdings dürften manche Gesetze durchaus flexibler sein – ich denke hier z.B. an das Kündigungsschutzrecht, das gleichermaßen für einen gestandenen DAX Konzern wie für ein schnell wachsendes Startup gilt – bei letzterem können die starren Regelungen dazu führen, dass ein Mitarbeiter eben nicht eingestellt wird, um bestimmte Grenzen zunächst nicht zu überschreiten.
Der Teufel steckt in Deutschland oft im Detail …
Im Zusammenhang mit der Digitalisierung und künstlicher Intelligenz bringst Du gerne das bedingungslose Grundeinkommen ins Gespräch. Nehmen uns die Maschinen die Arbeit weg? Bisher haben alle großen technischen Revolutionen den Menschen mehr und produktivere Arbeit ermöglicht. Warum sollte das bei der Digitalisierung anders sein?
Zunächst möchte ich anmerken, dass ich für ein Grundeinkommen bin – ob dieses wirklich bedingungslos sein sollte, muss man diskutieren. So könnte man zur Voraussetzung für den Bezug machen, dass sich die Empfänger zum Beispiel in irgendeiner Form sozial engagieren.
Die Notwendigkeit, dass wir über so eine soziale Grundsicherung nachdenken, sehe ich aber ganz klar. Die Qualität der Arbeiten, die uns KI-Systeme und Roboter in Zukunft abnehmen können, ist schon jetzt eine ganz andere als früher. Das fängt mit autonomen Fahrzeugen an, die Bus-, LKW und Taxifahrer überflüssig machen und geht bis hin zu Software, die beispielsweise MRT- und Röntgenbilder besser interpretieren kann, als ein Radiologe aus Fleisch und Blut. Die Digitalisierung erreicht damit ganz andere Bereiche und eine Tiefe, die die bisherigen Umwälzungen in den Schatten stellt. In Zukunft werden viele Arbeitsplätze entbehrlich.
Würde sich ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht auch nachteilig auf den Unternehmergeist auswirken?
Ganz im Gegenteil. Ein Grundeinkommen kann Unternehmern die Freiheit und Sicherheit geben, ihr Startup zu planen und endlich damit anzufangen – ohne komplizierte Förderanträge. Auch für Künstler, kreative und sozial engagierte Menschen wird ein Grundeinkommen viele Chancen und Möglichkeiten bieten.
Welchen Rat würdest Du heute einem jungen Gründer mit auf den Weg geben?
Wenn Du eine Idee hast, an die Du wirklich glaubst, dann setze sie um. Du wirst hart dafür arbeiten müssen und es wird Rückschläge geben. Lass Dich davon nicht entmutigen, denn das Gefühl, wenn Du es geschafft hast, kann Dir keiner nehmen.
Vielen Dank für das Interview!
Das Interview führte Rick Wendler für die im Sommersemester 2018 erschienen 6. Printausgabe von PLL.
Dieser Artikel spiegelt die Meinung des Autors, nicht der Organisation wieder. Dieser Blog bietet die Plattform für unterschiedliche liberale Ideen. Mehr zur Organisation auf www.studentsforliberty.de
Vom Tüftler zum Milionär: Frank Thelen im Interview
500