Die amerikanische Präsidentschaftswahl im Jahr 2016 bewies die Probleme des Zweiparteiensystems und den dringenden Reformbedarf. Zum fünften Mal wurde in der amerikanischen Geschichte ein Kandidat zum Präsidenten gewählt, ohne dass er die Mehrheit der Wähler für sich gewinnen konnte. Die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit beiden Kandidaten zeigte sich noch deutlicher in der Anzahl an Stimmen für dritte Parteien; unter anderem erzielte die Libertarian Party mit fast 4,5 Millionen Stimmen ihr bestes Wahlergebnis der Geschichte. Für die Green Party wählten 1,5 Millionen Amerikaner. Nichtsdestotrotz entsprachen diese Ergebnisse nur 3,28% und 1,07% des Gesamtergebnisses.
Nach vier Jahren hat sich, wenn überhaupt, nur wenig geändert. Für die Republikaner versucht Trump seine Wiederwahl und für die Demokraten kandidiert Obamas Schatten, Joe Biden. Während seiner Amtszeit machte Trump durch seine rassistischen Bemerkungen und merkantilistische Haltung deutlich, dass seine Positionen nicht mit den Ideen der Offenen Gesellschaft zu vereinbaren sind. Im Gegensatz führt Biden eine ahnungslose Kampagne, ohne eine klare Richtung außer die, Trump aus seinem Amt jagen zu wollen. Die Rechtsstaatlichkeit und die Freiheitsrechte der Amerikaner werden mal wieder in den Hintergrund der politischen Debatten gekehrt. Zumindest schien es so bis Mittwoch, den 29. April. Denn am Mittwoch gab Justin Amash, der ehemalige republikanische Abgeordnete, bekannt, einen Sondierungsausschuss gebildet zu haben und die Möglichkeit prüft, der Präsidentschaftskandidat der Libertarian Party zu werden. Aber um zu verstehen, warum Amash ein ernstzunehmender Kandidat für die Wahl im November sein kann, muss man sein Leben und seine politische Karriere verstehen.
Sein Vater, Attallah Amash, wurde 1948 auf Grund seines christlichen Glaubens aus seiner Heimat vertrieben; im Jahre 1956 machte er sich als palästinensischer Flüchtling auf dem Weg zum Land of the Free. Dort heiratete er später seine syrische Frau, Mimi. Dank seiner harten Arbeit gründete Attallah sein bis heute existierendes Unternehmen Tekton Inc. Die Familie integrierte sich rasch in die amerikanische Gesellschaft. Beide, Attallah und Mimi, wurden überzeugte Republikaner. Man kann die Amash-Familie als die Personifizierung des American Dream sehen. Regelmäßig erzählte Attallah seinen Kindern über seine schwierige Kindheit und verdeutlichte, wie wichtig es ist, in einem freien Land zu leben. Diese Erinnerungen spielen bis heute eine große Rolle in Justin Amashs Idealen:
„Throughout my childhood, my dad would remind my brothers and me of the challenges he faced before coming here and how fortunate we were to be Americans. In this country, he told us, everyone has an opportunity to succeed regardless of background.
Growing up, I thought a lot about the brilliance of America. Our country’s founders established a constitutional republic uniquely dedicated to securing the rights of the people. In fact, they designed a political system so ordered around liberty that, in succeeding generations, the Constitution itself would strike back against the biases and blind spots of its authors.”
Nach seinem Studium der Volkswirtschaftslehre und Rechtswissenschaft in Michigan, arbeitete er im Unternehmen seines Vaters bis er 2008 in das State House in Michigan gewählt wurde. Im Jahre 2010, während des Aufstieg der Tea Party und mit Unterstützung von bekannten Politikern wie Ron Paul, wurde Amash mit erst 30 Jahren in das House of Representatives gewählt. Das Times Magazine erwähnte ihn in seiner 40 under 40 rising Stars in American Politics-Liste. Seit Beginn seine Legislaturperiode machte Amash seine politischen Positionen klar; er bezeichnete F.A. Hayek und Frédéric Bastiat als seine intellektuellen Vorbilder und gründete 2011 den House Liberty Caucus, ein informeller parlamentarischer Austausch von liberalen Abgeordeten, in dem er noch bis heute als Vorsitzender fungiert. In einem Interview mit Reason Magazine betonte er, wie wichtig die Verbreitung der Ideen von Freiheit und Liebe seien. Dies ähnelt dem Motto „Peace, Love, Liberty“ der Students for Liberty! Im Jahr 2015 gründete er mit anderen zusammen den noch größeren und einflussreicheren innenparlamentarischen House of Freedom Caucus, der eine maßgebliche Rolle beim Rücktritt des ehemaligen House Speakers John Boehner spielte.
Amashs Positionen, die Verfassung und die Freiheitsrechte der Individuen konsequent durchzusetzen, machten ihn schnell zu einer kontroversen Figur im Washingtoner Politikbetrieb – sogar unter seinen Parteifreunden. In neun Jahren als House Representative kämpfte Amash für einen klar begrenzten Staat, geringe öffentliche Ausgaben und Steuersenkungen und positionierte sich klar gegen Massenüberwachung und Kriege im Ausland. Während Republikaner Donald Trump den Rücken stärkten, als er 2016 an die Macht kam, blieb Amash seinen Prinzipen Treu. Er war einer der wenigen Republikaner, die gegen die Freigabe von Steuergeldern für den Mauerbau an der mexikanischen Grenze stimmte. Er positionierte sich auch gegen das Einreiseverbot für Menschen aus muslimischen Ländern und war der einzige Republikaner des House of Representatives, der für die Amtsenthebung Donald Trumps stimmte.
Für Amash steht die Republikanische Partei für einen begrenzten Staat, sowie wirtschaftliche und individuelle Freiheit – jene Prinzipien, die den American Dream überhaupt erst möglich gemacht haben. Leider folgen heute die Politiker eher einer Parteilinie, anstelle von Prinzipien und Idealen – um damit ihre Wiederwahl zu sichern (siehe Senator Rand Paul). Die Inkonsequenz und fehlende Glaubwürdigkeit seiner Partei brachten Amash dazu, 2019 aus der Republikanischen Partei auszutreten. Diese Entscheidung wurde scharf von Trump kritisierst, der ihn auf Twitter als Verlierer und dümmstes und untreuestes Mitglied des Parlaments bezeichnete.
Nun, nach einem Jahr als Unabhängiger, schloss sich Amash am 29. April der Libertarian Party an, und damit wurde er der erste amtierende Abgeordnete in der Geschichte der Partei. Aber noch wichtiger: er gab nun die Bildung eines Sondierungsausschuss für seine Präsidentschaftskandidatur in der Libertarian Party bekannt. Sollte es Amash gelingen, Präsidentschaftskandidat zu werden, dann würde die Präsidentschaftswahl im November deutlicher spannender. Amash wird nicht nur eine interessante Alternative für Republikaner sein, die die Zeiten von Ronald Reagan vermissen, sondern er könnte auch eine Alternative für junge Demokraten werden. Jungen Amerikanern fällt es schwer, sich mit einem 77-jährigen Biden (oder 73-jährigen Trump) zu identifizieren. Ob das Momentum an seiner Seite bleibt, werden wir in den kommenden Wochen herausfinden. Eins ist aber klar: wenn Amash die Nominierung der Libertarian Party gewinnt, dann werden endlich wieder Rechtstaatlichkeit und Freiheit Themen im amerikanischen Wahlkampf sein.
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Justin Amash – Der Fackelträger der amerikanischen Freiheit
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