Jeff Booth, Autor des Anfang Januar 2020 erschienen Buch „The Price of Tomorrow: Why Deflation is the Key to an Abundant Future” sieht in der technologiebasierten Deflation neue Chancen für die Zukunft. Zudem gilt er als Kritiker der aktuell von den Notenbanken betriebenen Geldpolitik. Für “Der Freydenker” nahm er sich die Zeit einige Fragen zu beantworten.
Herr Booth, welche grundlegenden Ereignisse oder Erfahrungen in Ihrer Karriere als langjähriger Unternehmer haben Sie motiviert, dieses Buch zu schreiben?
Ich finde gefallen daran, mich mit der Frage zu beschäftigen, wie schnell Technologie zur Effizienz führen kann. Zudem stelle ich mir die Frage, wie die Zukunft meiner Kinder aussehen würde, wenn nichts gegen ein konkurrierendes Wirtschaftssystem unternommen wird, das der breiten Gesellschaft diese Effizienz wiederum raubt.
Eine der Kernthesen des Buches besagt, dass die Produktivitätsgewinne durch den technologischen Fortschritt in Zukunft so groß werden und die Inflationsraten in einem so enormen Ausmaß nach unten treiben werden, dass es den Zentralbanken irgendwann unmöglich sein wird, dem mit ihrer Politik entgegenzuwirken. Viele Ökonomen würden diesen Aussagen zustimmen, warum also tun die Politiker nicht etwas dagegen?
Ich bin mir nicht sicher, ob die meisten Ökonomen dieser Aussage zustimmen würden. Doch selbst wenn sie es täten, der Grund dafür, dass Zentralbanken und Politiker nichts dagegen unternehmen, liegt darin, dass sie vor langer Zeit das Zeitfenster verpasst haben. Denn wenn sie jetzt noch mehr Stimuli für das Wirtschaftssystem weglassen, wird das ganze System durch eine deflationäre Depression und das Versagen des Bankensystems aus den Fugen geraten.
In Ihrem Buch Mister Booth erkennen Sie auch eine enorme Gefahr in der permanenten Zunahme der globalen Verschuldung. Wie bewerten Sie die aktuellen Finanzhilfe-Pakete der Staaten zur Minderung der Folgen der durch die Corona-Pandemie verursachten Wirtschaftskrise? Werden jetzt Unternehmen gerettet, so hart es für die betroffenen Arbeitnehmer auch klingen mag, die in einer gesunden freien Marktwirtschaft normalerweise nicht mehr überleben würden? Schaffen wir „Zombie-Unternehmen“?
Ja, und ich erwarte VIEL mehr Interventionismus seitens der Staaten. Die Zentralbanken stecken fest, und schließlich wird die Unabhängigkeit der Zentralbanken von den Regierungen an sich gerissen werden, wobei die Geldpolitik erst inflationär und dann hyperinflationär wird.
Klimakrise, zukünftige Energieversorgung, Gesundheitsversorgung, Krisen auf dem Wohnungsmarkt, Arbeitsplatzabbau aufgrund des ständig zunehmenden technologischen Fortschritts… All dies sind familiäre Probleme in der Gesellschaft, die die Mehrheit der Menschen beschäftigen. Und Ihre Antwort auf all das ist die Kraft des technischen Fortschritts in Kombination mit der freien Marktwirtschaft? Für manche Menschen mag das zu naiv, zu technokratisch und zu utopisch klingen, oder nicht?
Ich würde jedem, der so denkt, raten, mir zu erklären, wie das bestehende inflationäre System gegen eine sich exponentiell bewegende Technologie wirken könnte. Ich habe kein Argument gesehen, das das Gegenteil behauptet.
Mit Ihrem Buch wollen Sie vor allem zu einer öffentlichen Diskussion aufrufen, und Sie wollen weniger direkte Lösungen präsentieren. Die Themen, die Sie ansprechen, sind zwar im aktuellen „Zeitgeist“-Denken präsent, aber sie dominieren nicht gerade die öffentliche Debatte in den Medien und sozialen Netzwerken. Sehen Sie sich selbst als „einsamer Prediger in der Wüste“ oder spüren Sie bereits ein stärkeres Umdenken in bestimmten sozialen Gemeinschaften oder Kreisen?
Die positiven Reaktionen und die Art und Weise, wie sich die Botschaft verbreitet, haben mich umgehauen. Dies von überall auf der Welt und von oben bis unten aus verschiedenen gesellschaftlichen Schichten. Es scheint ein Licht auf ein fehlendes Stück des Puzzles gescheint zu haben, das die meisten Menschen nicht gesehen haben. Leider gibt es aktuell keine guten Lösungen, um auf die andere Seite zu gelangen. Meine Hoffnung ist, dass die Menschen anstelle von Schuldzuweisungen erkennen, dass es sich um ein Systemproblem handelt.
Sie hören diese Frage wahrscheinlich zu oft, aber sind Sie ein Optimist für die Zukunft?
Ich bin optimistisch, aber auch ein Realist. Der Neustart, auf welche Weise er auch kommen mag, wird schmerzhaft sein.
Zur Person – Jeff Booth, Autor des Anfang Januar 2020 erschienen Buch „The Price of Tomorrow: Why Deflation is the Key to an Abundant Future“gilt als visionärer Unternehmer. Er leitete BuildDirect, ein Technologieunternehmen, das darauf abzielte, die Baubranche zu vereinfachen, dies fast zwei Jahrzehnte lang durch etliche Krise und Veränderungen wie die Dotcom-Kernschmelze, die Finanzkrise 2008 oder technologische Disruptionen, welche den Markt schlagartig beeinflussten. Als Autor verfasste er zudem Beiträge in Forbes, TechCrunch, Inc.com, The Globe and Mail, BNN, Fast Company, Entrepreneur, Bloomberg, TIME und The Wall Street Journal. Im Jahr 2015 wurde er von der BC Technology Industry Association (BCTIA) zur Person des Jahres ernannt, und 2016 wurde er von Goldman Sachs zu den 100 interessantesten Unternehmern des Jahres gewählt.