Priv.-Doz. Dr. Monika Köppl-Turyna ist Wirtschaftswissenschaftlerin und in dieser Funktion Direktorin von EcoAustria sowie Dozentin an der Wirtschaftsuniversität Wien. 2021 belegte sie Rang 5 der einflussreichsten ÖkonomInnen Österreichs.
Was heißt Freiheit für Sie?
Ich vertrete die klassische „negative“ Definition von Freiheit. Das heißt Freiheit von Zwang oder Einfluss durch andere. Dazu gehört aber für mich auch die Anerkennung, dass meine Freiheit durch die Freiheit der anderen begrenzt ist. Und somit Eingriffe berechtigt sind, um die Freiheit der anderen zu schützen.
Welches Buch (oder Bücher) haben Sie bisher am meisten verschenkt? Oder, welche ein bis drei Bücher hatten den größten Einfluss auf Ihr Leben?
Am meisten verschenkt habe ich die „Witcher“ Bücher, die erst durch Computerspiele und die Netflix Serie so richtig bekannt wurden, aber ich sie schon viel früher meinen ausländischen Freunden präsentieren wollte. Bücher, die am meisten Einfluss auf mein Leben hatten, waren allerdings verschiedene Erzählungen über Autoritarismus und Sozialismus in Russland bzw. der ehemaligen Sowjetunion: „Meister und Margarita“ und „Der Archipel Gulag“ sollte jeder gelesen haben.
Was erwarten Sie in puncto Freiheit vom 21. Jahrhundert?
Eine Entwicklung macht mir Sorgen, die der Freiheit entgegensteht: Durch technologische Entwicklungen entfacht eine erneute Diskussion über „die Wirtschaftsrechnung im Sozialismus“, also die Möglichkeit durch perfekte Information des Staates alle Wünsche der Bevölkerung zu befriedigen. Diese Möglichkeit der totalen Kontrolle erfüllt mich mit Sorgen.
Wo sind für Sie die Grenzen der Freiheit? Wann muss Freiheit eingeschränkt werden?
Die Freiheit des einen ist durch Freiheit des anderen beschränkt. Oder wie wir es in der Ökonomie nennen: es gibt starke Externalitäten. Die Grenze, wann Eingriffe berechtigt sind, ist fließend. Aber im Falle des Schützes von z. B. Gesundheit und Menschenleben – etwa bei der Frage der Impfungen und Herdenimmunität – sind diese Eingriffe für mich berechtigt.
Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Freiheit in den letzten 100 Jahren?
Es war zweifellos eine positive Entwicklung! In 1920 lebten 2 von 10 Menschen in Demokratien, heutzutage sind es fast 6 von 10. Auch finanzielle Freiheit ist gegeben: in 1920 lebten 8 von 10 Menschen in der Armut, heute sind es 1 von 10 Personen. Wir müssen alles dafür tun, dass diese positive Entwicklung fortwährt.
Wenn Sie eine riesige Botschaft am Stephansdom platzieren könnten, was würde darauf stehen und warum?
„Leben und leben lassen.“ Weil ich denke, dass wir uns sehr viel Ärger, Kriege und Konflikte erspart hätten, wenn die Menschen nicht probiert hätten, den anderen einen gewissen Lebensstil vorzuschreiben.
Welchen Rat würden Sie einem klugen, motivierten Studenten geben, der gerade sein Studium abgeschlossen hat und in die Jobwelt eintritt?
Im Leben verliert man schnell an Motivation und denkt, dass durch Anpassung alles einfacher wird. Das ist ein Fehler: die Lauten und die Visionäre sind erfolgreicher und verändern die Welt.
Lieber eine freie, aber arme Gesellschaft oder eine prosperierende Diktatur?
Diese Wahl gibt es gar nicht, weil es noch nie in der Geschichte eine Diktatur gab, die auf Dauer erfolgreich geblieben ist. Langfristigen Wohlstand erreicht man durch Demokratie und freie wirtschaftliche Ordnung.