Aus unserer Print-Ausgabe: unser Interview mit der US-amerikanischen Ökonomin Deirdre McCloskey über Freiheit, die Ursprünge unseres Wohlstands und vieles mehr.
Ihr neuestes Buch heißt Leave Me Alone and I’ll Make You Rich! Darin kommt die Idee zum Ausdruck, dass Freiheit nicht nur für uns selbst, sondern auch für andere großartig ist. Was ist Freiheit für Sie?
Merkwürdigerweise ist der Schlüssel zum Verständnis die Unterscheidung zwischen dem französischen/englischen liberté/liberty und dem deutschen/englischen Freiheit/freedom. (Wie Sie vielleicht wissen, besitzt das Englische wegen der normannischen Eroberung im Jahr 1066 immer zwei Wörter). In den germanischen Sprachen ist das Wort im Zeitalter des Etatismus hoffnungslos mit der „Fähigkeit, Dinge zu tun“ verwechselt worden – wie in Amartya Sens etatistischem Buch Development as Freedom. Das Problem ist, dass wir bereits Wörter für die Fähigkeit, Dinge zu tun, haben – wie Können, Vermögen, Macht, Einkommen. Wir brauchen ein rein politisches Wort für „nicht physisch gezwungen sein, als ob man ein Sklave von einem Herrn, Ehemann, Staat sei“. So können wir wissenschaftlich prüfen, ob Freiheit zu Wohlstand führt (denn das tut sie). Andernfalls haben wir nur beides miteinander vermischt und werden nie wissen, ob Freiheit eine gute Idee ist oder nicht – aus einer konsequentialistischen Perspektive.
Auf Lateinisch heißt es natürlich libertas, was nur „kein Sklave“ bedeutet. (Schlagen Sie es nach.) Wenn man das Politische mit dem Ökonomischen vermischt, wie es bei der Verwendung von „Freiheit“ in den letzten anderthalb Jahrhunderten der Fall war, fängt man zum Beispiel an zu denken, dass wir den Menschen Freiheit geben können, indem wir sie dazu zwingen, das zu tun, was wir weisen Ökonomen und Philosophen wollen – wie beim „Nudging“. Werde ein Sklave und sei frei.
Was ist der Kern des Liberalismus? In welchem Verhältnis stehen die (modernen) Liberalen zu Konservativen und Etatisten?
Konservative sind Etatisten, genau wie ihre Feinde am anderen Ende des Spektrums: die Sozialisten und die Grünen. Dieses Spektrum ist lediglich im Streit darüber, wohin die versklavenden Kräfte eines modernen Staates gelenkt werden sollten. Die Konservativen wollen die Menschen mit Armee und Kirche unterjochen, und den Staat auch in Ihr Schlafzimmer bringen. Die Sozialisten wollen die Menschen mit Regulierern und Planern versklaven, und die Grünen wollen auch bestimmen, was man kaufen kann und was nicht. Wir Liberalen befinden uns überhaupt nicht in diesem Spektrum, sondern schweben fröhlich darüber. Wir lehnen die Prämisse eines mächtigen Staates ab. Wir lehnen sowohl die Vorstellungen von links als auch von rechts ab, dass die Menschen diese oder jene Art von Sklaven sein sollten, oder irgendeine Art von Kind – das ungezogene Kind der Konservativen und der Grünen oder das pathetische Kind der Sozialisten. Liberalismus könnte man also als „adultism“ bezeichnen. Das bedeutet nicht, Menschen verhungern zu lassen. Ich bin eine christliche Liberale und bekenne mich zu einer Verantwortung gegenüber den Armen. Das bedeutet, den Armen wie uns anderen zu erlauben, zu arbeiten und die Würde eines Erwachsenen zu erreichen, auf eigenen Füßen zu stehen. Die Gesetze in Deutschland, die es Flüchtlingen faktisch verbieten, zu Löhnen zu arbeiten, die die Arbeitgeber zu zahlen bereit sind, sollten beispielsweise abgeschafft werden. Sie behandeln die Menschen wie ungezogene, armselige oder bedrohliche Kinder. Hören Sie auf!
Was ist “The Great Fact”, den Sie in Ihren Büchern und Artikeln immer wieder erwähnen?
Ich nenne es seit einem halben Dutzend Jahren nicht mehr so, sondern “Great Enrichment”: der Anstieg des deutschen Realeinkommens pro Person von 1800 bis heute um etwa 3.000 Prozent gegenüber den entsetzlichen 4 oder 5 Euro pro Tag, von denen Ihre Ahnen lebten. Gelobt sei der Herr, und gelobt sei der „innovism“, was ein viel besseres Wort für unser System ist als das elendig irreführende Wort „Kapitalismus“.
Stellen Sie sich vor, Sie leben in München oder Hannover von 4 oder 5 Euro pro Tag. Das ist nicht schön, aber es war das Schicksal der Menschen von der Urzeit bis 1800. Der Anteil der Menschen, die in einem solchen Elend leben, ist vor allem in den letzten fünfzig Jahren stark zurückgegangen. Im Jahr 1970 waren etwa 4 Milliarden der 5 Milliarden Menschen auf der Erde so arm. Heute ist es 1 Milliarde von über 7 Milliarden, Tendenz fallend.
Die konventionellen Begriffe „industrielle Revolution“ oder „Industrialisierung“ oder das triste „moderne Wirtschaftswachstum“ können als wissenschaftliche Bezeichnungen das Geschehen nicht einfangen. Insbesondere die Verwendung des Begriffs „Industrie“ lässt die Menschen und sogar einige Ökonomen glauben, dass Stahl und Kohle die eigentliche “Enrichment” darstellen. Das ist albern. Die Erfindung nützlicher Anwendungen, die Entdeckung von Impfstoffen gegen Husten und die Erziehung kleiner Kinder sind ebenfalls “Enrichment”, und wir haben immer mehr davon.
In mehreren Ihrer Schriften haben Sie Ihre Ablehnung gegenüber Daron Acemoglu (Why Nations Fail) zum Ausdruck gebracht, der Institutionen als Rückgrat erfolgreicher Gesellschaften und The Great Fact hervorhebt. Sie argumentieren, dass es in Wirklichkeit auf Ideen und Kultur ankommt. Könnten Sie die Unterschiede zwischen diesen beiden Sichtweisen näher erläutern? Warum glauben Sie, dass Ihre Theorie richtig ist und nicht die andere?
Acemoglu ist ein kluger und gelehrter Mann (auch wenn er nicht in der Lage ist, Kritikern zu antworten, was bei einem Wissenschaftler ein No-Go ist). Aber er verwechselt notwendige mit hinreichenden Bedingungen und intermediären mit ultimativen Ursachen. Man kann es ihm kaum vorwerfen, denn solche Verwechslungen sind in der Wirtschaft chronisch. Ja, Recht und Ordnung sind gut für den wirtschaftlichen Erfolg, also sind sie „notwendig“, oder zumindest hilfreich. (Dennoch war meine Heimatstadt Chicago im späten 19. Jahrhundert korrupt und gesetzlos, aber die am schnellsten wachsende Stadt der Welt.) Aber Recht und Ordnung sind sehr alt und weit verbreitet, wie z. B. im alten Israel in der sogenannten “Richterzeit” oder in einigen chinesischen Dynastien, wie z. B. in der Song-Zeit. Wären Recht und Ordnung ausreichend, hätte die “Great Enrichment” im alten Rom oder in den Städten der Maya stattgefunden. Neu im 18. Jahrhundert war die Theorie des Liberalismus mit ihrer beispiellosen Aushöhlung der bäuerlichen Hierarchien von Herren über Sklaven. Neo-Institutionalisten sagen: „Alles, was wir brauchen, sind Gesetz und Ordnung.“ Nein, die korrekte wissenschaftliche Erklärung ist der Liberalismus, der eine hinreichende Ursache war — sofern man absieht von anderen notwendigen Bedingungen, wie die Existenz des Universums. Liberalismus bedeutete, wie die Briten sagen, „letting people have a go“. Er begann als Ideal, langsam, zuerst in Holland, dann in England und Schottland, dann in den USA und im Rheinland, dann auch anderswo.
Der Liberalismus war nie perfekt – die USA waren schließlich zum Teil eine Sklavenhaltergesellschaft, und es gibt immer noch viel weißen Nationalismus. Aber selbst wenn er nicht perfekt war, hatte der (Wirtschafts-)Liberalismus bzw. “innovism” immense wirtschaftliche Auswirkungen, verglichen mit den aufgezwungenen Hierarchien davor – und den aufgezwungenen Bürokratien heute. Die immense Kraft des Liberalismus lässt sich am Erfolg der chinesischen Wirtschaft nach 1978 und der indischen Wirtschaft nach 1991 ablesen. In beiden Ländern hat sich die Politik nicht geändert, das eine war eine blutige Tyrannei, das andere eine verrückte Demokratie. Aber in beiden Ländern wurde der Sozialismus der Vergangenheit aufgegeben. “Innovism” führte zu Innovation und zu gewaltiger “Enrichment”, zu einem Pro-Kopf-Wachstum von 6 bis 12% pro Jahr und das jahrzehntelang.
In meinen Büchern Bourgeois Dignity und vor allem in Bourgeois Equality sowie in einer Rezension von Acemoglus und Robinsons neuestem Buch habe ich den Neo-Institutionalismus ausführlich kritisiert. (Die Rezension ist zugänglich auf meiner Website deirdremccloskey.org.) Die hier geführte Diskussion können Sie auch lesen und kaufen (vor allem kaufen) in McCloskey und Alberto Mingardi, The Myth of the Entrepreneurial State sowie in Beyond Positivism, Behaviorism, and Neo-Institutionalism in Economics.
Mit „bourgeois dignity“ kommt der “innovism”. Warum ist dieser Innovationsgeist entscheidend und nicht die Kapitalakkumulation als solche?
“Innovism” ist die wirtschaftliche Ideologie, die den Liberalismus begleitete, der nach etwa 1776 in Werken von Adam Smith, Mary Wollstonecraft und Friedrich von Humboldt aufkam. Der Wirtschaftsnobelpreisträger W. Arthur Lewis behauptete 1954, am Vorabend der Entdeckung des so genannten Slow Residual, dass “die zentrale Tatsache der wirtschaftlichen Entwicklung die schnelle Kapitalakkumulation ist.” Ökonomen von Adam Smith über Marx bis Douglass North haben immer wieder versucht, die “Great Enrichment” in das Gewand der Akkumulation zu zwängen. Aber die Anhäufung von Kapital, Universitätsabschlüssen oder verbesserten Gesetzen führt sehr schnell zu abnehmenden Erträgen, es sei denn, es handelt sich um radikale Innovationen wie Elektrizität oder das allgemeine Wahlrecht. Was bei der Idee der „schnellen Kapitalakkumulation“ fehlt, ist die menschliche Kreativität, die neue Wege ermöglicht. Der „österreichische“ Wirtschaftswissenschaftler Israel Kirzner (ein in Großbritannien geborener amerikanischer Rabbiner) hat es gut ausgedrückt: Was die “Great Enrichment” ausmacht, so seine Beobachtung, sind nicht Investitionen mit Opportunitätskosten oder die Anhäufung von Straßen, sondern „der Anreiz besteht darin, zu versuchen, etwas kostenlos zu bekommen, wenn man nur sehen kann, was man tun kann“.
Wenn wir in der Geschichte zurückblicken, sehen wir, dass die „bourgeois dignity“ in Großbritannien und in den Niederlanden irgendwann nach dem Ende des Mittelalters aufkam. Was war die Ursache dafür?
Für die vollständige Antwort lesen Sie Bourgeois Dignity. Kurz gesagt, eine Reihe von Unfällen in Nordwesteuropa ab 1517 erwies sich insgesamt als günstig für den Liberalismus, während zum Beispiel China und das Osmanische Reich immer tiefer in den Illiberalismus abglitten. Das symbolische Datum ist Luther im Jahr 1517, und vor allem seine späteren Gegner der „radikalen Reformation“. Es folgten die niederländische Revolte gegen Spanien, der englische Bürgerkrieg 1642-51, die Glorious Revolution 1688-1689 (deren wirtschaftliche Auswirkungen von North und Weingast in einem berühmten Artikel allerdings stark übertrieben wurden), die Amerikanische Revolution und die Französische Revolution. In allen steckte das Potential, den Liberalismus zu untergraben, und sie alle haben dies in gewissem Maße getan. Luther wurde durch den Bauernaufstand konservativ. Oliver Cromwell, der Sieger im Bürgerkrieg, setzte sich selbst als Diktator ein. Die amerikanische Revolution war vor allem ein Bürgerkrieg zwischen zwei Gruppen von Reichen. Und so weiter. Aber wir hatten Glück, und wir bekamen den Liberalismus und die moderne Welt.
Der Ursprung der “bourgeois dignity” war weder eine uralte Tugend des weißen Volkes noch eine Eigenheit der europäischen Geschichte. Er war in gewissem Sinne oberflächlich, eine Sache von bloßen Worten, Rhetorik, wie die Erklärung eines Sklavenhalters im Jahr 1776, dass „alle Menschen gleich sind“. Aber die Worte waren von großer Bedeutung. Einmal ausgesprochen, konnten sie nicht mehr zurückgenommen werden und machten die Menschen mutig. Was sich also im späten 18. Jahrhundert vollends als Idee herauskristallisierte, wurde nach und nach als Politik umgesetzt, sogar in den meisten Fällen im protektionistischen Deutschen Reich und in den USA. Ein europäischer Reisender im Westen der USA im späten 19. Jahrhundert fragte einen Mann, wer sein Herr sei. Der Mann antwortete: „He ain’t been born yet.“
Was ist Ihr Rezept, um die „bourgeois dignity“ überall zu fördern, insbesondere dort, wo immer noch große Armut herrscht? Kann man Kultur und Ideen beeinflussen?
„Bourgois dignity“ bedeutet lediglich, dass man die klassischen Tugenden, die in einer Handelsgesellschaft zum Vorschein kommen, bewundern und nicht ablehnen sollte, wie zum Beispiel “love in an office”, “temperance in a board meeting”, oder “hope in entrepreneurship”. Ich das in The Bourgeois Virtues und in Bourgeois Equality dargestellt. Das ist alles übrigens leicht messbar. Der naive Einwand gegen „Humanomics“, also die Ökonomik mit dem Menschen, lautet: „Man kann es nicht messen.“ Das ist Unsinn. Siehe Bettering Humanomics: A New, and Old, Approach to Economic Science.
Es gibt eine große Chance, Kultur und Ideen zu beeinflussen. (Übrigens gefällt mir nicht, wie Ökonomen den Begriff „Kultur“ verwenden, in ihrer stolzen Ignoranz gegenüber dem, was Fachleute wie Anthropologen darunter verstehen. Die Ökonomen winken der „Kultur“ aus der Ferne zu, um sie besser ignorieren zu können oder sie bestenfalls in eine Blackbox zu stecken, die sie nicht besonders mögen und ignorieren wollen. Die erklärte Prämisse von Neo-Institutionalisten wie Oliver Williamson ist, dass sich Ethik, Ideologie, Ideen, Traditionen, Rhetorik nur langsam verändern und daher als fester Hintergrund für die Zwecke der wirtschaftlichen Analyse behandelt werden können. Das ist falsch. Ideologie kann sich im Laufe einer halbstündigen politischen Rede ändern. Eines der wichtigsten Beispiele, in denen sich die Ideologie stark vom Liberalismus entfernt und dann wieder zu ihm zurückkehrte, ist natürlich das Deutschland von 1933 und das Deutschland von 1949.)
Aber das meiste unseres politischen Denkens findet in der Popkultur, in Film und Werbung, Rockmusik und Journalismus statt, und genau dort können die großen Veränderungen geschehen. Students for Liberty macht genau das. In Brasilien beispielsweise gibt es viele lokale Organisationen, was ein gutes Zeichen für die liberale Zukunft Brasiliens ist.
Viele Menschen haben ein verzerrtes Bild von den vergangenen 250 Jahren und übersehen “The Great Enrichment”. Wie lässt sich diese merkwürdige Dissonanz zwischen Fakten und Gefühlen erklären?
Ganz einfach: stolze Ignoranz. Wir sind alle unwissend. Ich zum Beispiel schäme mich zutiefst, dass ich die Sprache von Goethe und Mann nicht spreche. Ich habe Die Leiden des jungen Werthers und Buddenbrooks gelesen, aber auf Englisch. Eine Schande. Das Problem ist, dass die Leute stolz auf ihre Unwissenheit sind. „Ich kann ein bisschen [trivial einfache] Mathematik“, erklärt der stolze junge Wirtschaftswissenschaftler, „also brauche ich die Geschichte von nichts zu lernen, nicht einmal von der Ökonomik.“
Eine weniger arrogante Version ist in dem amerikanischen Sprichwort zusammengefasst: „It ain’t what you don’t know that hurts you. It’s what you know that ain’t so.“ Gebildete Menschen meinen eine Menge über die Vergangenheit zu wissen, was aber nicht stimmt. Sie glauben, dass die mittelalterlichen Bauern unklug waren, dass der „Kapitalismus“ einfach so entstand, dass der „Besitzindividualismus“ neu ist, dass das Christentum den Liberalismus verursacht hat, dass die Weißen überlegen sind und so weiter und so fort. Die große Parodie auf die englische Geschichte 1066 and all That hat diese Ignoranz in ihrer Zusammenfassung der Ursachen der industriellen Revolution richtig wiedergegeben: Was geschah, war „die (von allen reichen Männern in England gleichzeitig erzielte) Entdeckung, dass Frauen und Kinder fünfundzwanzig Stunden am Tag in Fabriken arbeiten konnten, ohne dass viele von ihnen starben oder übermäßig verunstaltet wurden. Dies wurde als „Industrial Revelation“ bekannt und veränderte das Gesicht Nordenglands völlig.”
Journalisten und Historiker arbeiten hart daran, die Dinge richtig darzustellen. Die meisten von ihnen sind ehrliche Arbeiter. Aber sie neigen dazu, das zu akzeptieren, was alle sagen. Meistens aber liegen alle falsch.
Welche Rolle, wenn überhaupt, kann (und sollte) der Staat bei der Verwirklichung von “The Great Enrichment” in den Ländern spielen, in denen er seine Macht noch nicht ausgeübt hat?
Ich gebe dieselbe Antwort, wie sie die Pariser Geschäftsleute gegeben haben, als sie 1681 von dem etatistischen französischen Finanzminister Jean-Baptiste Colber gefragt wurden, was der Staat tun könne, um ihnen zu Wohlstand zu verhelfen. Sie antworteten: „Laissez-nous faire!“. Die derzeitige Begeisterung für die „Industriepolitik“ ist ein typisches Beispiel dafür. Halten Sie es für plausibel, dass ein Bürokrat in Berlin oder ein Akademiker in Siegen oder ein Journalist in Frankfurt besser weiß, welches Bürogebäude im Osten Darmstadts zu errichten oder welches neue Lebensmittelprodukt in deutschen Lebensmittelgeschäften zu vermarkten oder welches Darlehen an ein lokales Hotel in Leipzig zu gewähren ist als die Menschen vor Ort, die ihr eigenes Geld aufs Spiel setzen? Wenn Sie das tun, sind Sie ein Etatist. Glückwunsch: Die meisten Menschen heute und vor dem Aufkommen des Liberalismus im 18. Jahrhundert stimmen Ihnen zu. Sie stimmen dem großen, aber irregeleiteten Ökonomen John Maynard Keynes [reimt sich auf brains] zu, der 1936 erklärte, dass ein Ökonom „in der Lage ist, die marginale Effizienz von Kapitalgütern auf lange Sicht und auf der Grundlage des allgemeinen sozialen Nutzens zu berechnen“. Das ist verrückt.
Das schrifliche Interview wurde von Vincent Czyrnik und Max Molden auf Englisch geführt und ins Deutsche übersetzt.