In Berlin wird ein Vortrag abgesagt, weil eine Biologin meint, es gäbe nur zwei Geschlechter. In ihrem Vortrag „Geschlecht ist nicht (Ge)schlecht, Sex, Gender und warum es in der Biologie zwei Geschlechter gibt“ wollte Marie-Luise Vollbrecht darüber aufklären, dass es zwischen biologischem Geschlecht und sozialem Geschlecht einen Unterschied gibt. Männlein oder Weiblein ist (fast) jeder Mensch von Geburt an, darüber hinaus kann aber dann jeder frei heraus entscheiden, wie er, sie oder es sich fühlt.
Transaktivist*innen drohten nach der Ankündigung des Vortrags mit massiven Protesten. Sie fühlten sich von Vollbrechts These bedroht, warfen ihr gar Trans-Feindlichkeit vor. Der Vortrag, der eigentlich bei der „Langen Nacht der Wissenschaften” der Humboldt-Universität stattfinden sollte, wurde daraufhin abgesagt.
Für die einen war die Ankündigung des Vortrags ein Skandal, für die anderen ist die Absage des Vortrags ein Skandal. Letztere sehen in der Absage einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit: An Universitäten sollten Wissenschaftler über alles forschen dürfen, auch über kontroverse Themen.
In den 90er Jahren waren Gender Studies für die meisten sicher auch Neuland – und kontrovers. Trotzdem war es genau jene Humboldt-Universität, die 1997 einen gleichnamigen Studiengang als erste Universität weltweit einführte. Sicher war es damals eine ungewöhnliche These, dass es sozial mehr als zwei Geschlechter geben soll. Doch im Sinne der Wissenschaftsfreiheit war es eine gute Sache, diese Forschung zu ermöglichen.
25 Jahre später fühlen sich jene, die durch genau diese Forschung ihr soziales Geschlecht erkannt haben, machtvoll genug, um die Universität zur Absage einer scheinbar trans-feindlichen Veranstaltung zu zwingen.
Eine kurze Geschichte der Unterdrückung
Trans-Menschen fühlen sich in Deutschland unterdrückt. Sie wollen ihr rechtliches und soziales Geschlecht frei wählen können und halten die Forschung über biologische Geschlechter für einen Angriff auf ihre Wahlfreiheit.
In den letzten Jahren hat die Trans-Bewegung viel Zulauf erhalten. Transexuelle und ihre Unterstützer fodern die Verwendung eines Binnen-I’s, um neben Männern und Frauen auch Diverse anzusprechen. Solange die Gleichstellung aller Geschlechter nicht erreicht ist, so die Community, werden diese unterprivilegierten Geschlechter gesellschaftlich unterdrückt.
Das Gefühl der Unterdrückung kennen wir als Menschheit spätestens seit der Sklaverei im alten Ägypten, im römischen Reich oder während der Kolonialisierung. Menschen wurden gegen ihren Willen gefangen gehalten, mussten tun, was der Sklavenhalter ihnen sagt, und taten sie das nicht, drohten ihnen tödliche Konsequenzen.
Auch in Gesellschaften ohne Sklaverei erkannten Menschen das Motiv der Unterdrückung: Karl Marx sah im 19. Jahrhundert eine Unterdrückung der Arbeiter durch die Kapitalisten, und kurz darauf kämpften die ersten Feministen für die Gleichberechtigung der Frauen und möchten bis heute das Patriarchat brechen. Spätestens seit den 2010er Jahren begannen dann auch Trans-Menschen für ihre Rechte zu kämpfen.
Unterdrückung bedeutet, dass ein Mensch seine Machtstellung ausnutzt, um damit einem anderen zu schaden. Einer gewinnt und der andere verliert, und derjenige der verliert, kann sich dagegen nicht wehren. Für Trans-Menschen sind sowohl Frauen als auch Männer privilegiert und nutzen ihre Machtstellung gesellschaftlich aus.
Unterdrückung wird zum Status
Niemand wird gerne unterdrückt. Doch hat es in unserer heutigen Gesellschaft einige Vorteile, sich als unterdrückt darzustellen, obwohl man tatsächlich nicht unterdrückt wird.
Das kommt daher, dass wir Unterdrückung als ungerecht empfinden. Dagegen führt die Politik Frauenquoten ein oder verlangt von Behörden und Unternehmen, mit Binnen-I zu schreiben. Zuletzt musste die Deutsche Bahn je 1000 Euro an klagende Trans-Menschen zahlen, weil sie bei der Online-Ticket-Buchung als Anrede nur „Herr” und „Frau” anbot. Jene, die vormals unterdrückt wurden, haben nun Vorteile: Sie kommen leichter in Führungspositionen, können gegen diskriminierende Unternehmen klagen und werden insgesamt von der Gesellschaft mehr beachtet.
Doch bietet eine solche Politik auch einen gefährlichen Anreiz: Wenn ich mich als unterdrückt darstelle, dann erhalte ich vielleicht Vorteile. Dabei spielt es keine große Rolle, ob ich in Wirklichkeit unterdrückt werde. Vielmehr sollte ich stets zeigen, welche Last ich mit mir herumtrage, damit Mitmenschen und vielleicht sogar die Politik Erbarmen zeigen und mir Privilegien zugestehen. Den Menschen, die tatsächlich Not haben, aber ihre Not nicht zeigen können oder wollen, kommt keine Hilfe zu.
Es beginnt ein regelrechter Wettlauf, wer sich am meisten unterdrückt fühlt und wem daher als nächstes geholfen werden muss. Hieraus folgt: Die scheinbar Unterdrückte bekommt mehr Geld, mehr Anerkennung, sie wird mehr gesehen. Das Unterdrückt-Sein wird zum Status.
Zudem kann ich als scheinbar Unterdrückte berechtigten Anschuldigungen gewieft ausweichen. Ich habe mit meinem Verhalten die Wissenschaftsfreiheit verletzt? Ich erkläre mich zur Frau, um mit meinem männlichen Körper im Profisport Vorteile zu haben? Ich faulenze auf der Arbeit, doch sobald mich mein Vorgesetzter kritisiert, brandmarke ich seine Kritik als trans-feindlich? Allein wer solche Fragen stellt, kann je nach Fachgebiet schnell als homophob, transfeindlich, sexistisch, rassistisch etc. gebrandmarkt werden.
Die soziale Bewegung, die sich einst für mehr Gerechtigkeit einsetzte, schafft nun neue Ungerechtigkeiten.
Schluss mit Unterdrückung
Der Vortrag über die zwei biologischen Geschlechter von Marie-Luise Vollbrecht an der Berliner Humboldt-Universität soll nun nachgeholt werden. Zudem soll eine Diskussion darüber im Anschluss ermöglicht werden. Doch den Trans-Aktivist*innen ist es beinah gelungen, ihre eigenen vermeintlichen Unterdrücker zu unterdrücken.
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