Florian Follert ist Universitätsprofessor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere betriebswirtschaftliche Entscheidungslehre an der Privatuniversität Schloss Seeburg. Zudem lehrt er Betriebswirtschaftslehre für PharmazeutInnen an der Paracelsus Medizinische Privatuniversität. Follert zählt zu den forschungsstärksten deutschsprachigen Betriebswirten unter 40.
Was heißt Freiheit für Sie?
Freiheit heißt für mich einerseits, persönliche Ziele anhand meiner subjektiven Präferenzen zu entwickeln und diese mit den Mitteln, die ich als adäquat erachte, zu verfolgen. Andererseits bedeutet dies, Entscheidungen treffen zu können, die aus der Position anderer Menschen vielleicht nicht nachvollziehbar sind oder gar als „irrational“ angesehen werden. Jeder Mensch ist insofern Unternehmer in eigener Sache. Da Entscheiden meist mit Unsicherheit hinsichtlich der Konsequenzen einhergeht, bedeutet Freiheit für mich aber auch, für diese Entscheidungsfolgen einzustehen.
Welche ein bis drei Bücher hatten den größten Einfluss auf Ihr Leben?
Es ist schwer, hier einzelne Werke hervorzuheben. Ich möchte daher kurz erläutern, warum welches Werk bislang Einfluss auf meine intellektuelle und berufliche Entwicklung hatte. Als Doktorand der Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Unternehmensbewertung hatte ich durch die subjektive Werttheorie einen ersten Berührungspunkt mit der österreichischen Schule der Nationalökonomie. Hier waren es insbesondere die „Grundsätze der Volkswirthschaftslehre“ (Carl Menger) und „Human Action“ (Ludwig von Mises), die mich nachhaltig prägten. Insgesamt fußt die Betriebswirtschaftslehre, die sich im deutschen Sprachraum völlig anders als im anglo-amerikanischen Bereich entwickelte, in zahlreichen Bereichen auf den Erkenntnissen der österreichischen Schule. Da ich in meinem Dissertationsprojekt die Unternehmensbewertung bei einem rechtlichen Bewertungsanlass – die Abfindung von Minderheitsaktionären beim Squeeze Out – anhand eines Modells der Neuen Politischen Ökonomie analysierte, setzte ich mich in dieser Zeit auch verstärkt mit anderen Autoren der Ökonomik auseinander. Auf mein ökonomisches Denken hatten Gary S. Becker (Ökonomische Erklärung menschlichen Verhaltens), Bruno S. Frey (Ökonomie ist Sozialwissenschaft) und Gebhard Kirchgässner (Homo Oeconomicus) wohl den größten Einfluss. Meine Analysen starten beim Individuum, betrachten dessen Anreize und die mögliche Wirkung auf sein Verhalten. Dabei versuche ich, in Märkten und Preisen zu denken. Jede menschliche Handlung hat unter den Bedingungen der Knappheit einen Preis, den Menschen dann zu zahlen bereit sind, wenn der erwartete Nutzen der Handlung ihren Preis mindestens ausgleicht. Bei der weiteren Anwendung meiner Ansätze auf die politische Sphäre und das Recht prägte mich natürlich Friedrich August von Hayek (u.a. Recht, Gesetzgebung und Freiheit, Band 3, Die Verfassung einer Gesellschaft freier Menschen) nachhaltig.
Wo sind für Sie die Grenzen der Freiheit? Wann muss Freiheit eingeschränkt werden?
Die Grenzen der individuellen Freiheit sehe ich klar im Körper und im Eigentum anderer Individuen, wobei man den Körper auch dem Eigentum subsumieren kann (Stichwort Selbsteigentum). Da die Verfügungsrechte in modernen Gesellschaften nicht immer trennscharf abgegrenzt sind und sich insbesondere durch den sog. „öffentlichen Raum“ besondere Herausforderungen ergeben, sind bei Konflikten stets auch die Abwehr- und Schutzmöglichkeiten zu berücksichtigen.
Lieber eine freie, aber arme Gesellschaft oder eine prosperierende Diktatur?
Eindeutig eine freie Gesellschaft. Wenn freier Austausch und Arbeitsteilung möglich sind, entstehen Märkte, auf denen Preise für den Tausch von Gütern und Dienstleistungen gezahlt werden. Diese Preise ergeben sich aus den Plänen der Individuen durch Angebot und Nachfrage. Dies ist eine Grundvoraussetzung für Bedürfnisbefriedigung und daraus resultiert in den meisten Fällen eine prosperierende Gesellschaft. Eine Gesellschaft, in der Individuen sich hingegen nicht entsprechend ihren Präferenzen entwickeln können, und in der Güter und Dienstleistungen ohne Preismechanismus zentral zugeteilt werden, wird die Bedürfnisse der Menschen nicht befriedigen können. Das zeigt uns nicht nur die Theorie, sondern auch die Geschichte.
Was erwarten Sie in puncto Freiheit vom 21. Jahrhundert?
Die Freiheit steht unter Druck. Es ist bezeichnend, dass der Freiheitsbegriff jüngst zur „Floskel des Jahres“ gekürt wurde. Bedenkt man z.B., dass die Freiheit das Lebensthema des ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck ist, der bis 2017 im Amt war, ist dies eine sehr dynamische Entwicklung. Ich erinnere mich an eine beeindruckende Rede des leider verstorbenen Guido Westerwelles aus dem Jahr 2011, in der er auf die Gefahren für die Freiheit hinwies. Insbesondere der Sicherheitsaspekt und das Bild des fürsorglichen Staates, der seine Bürger durch Einschränkung der Freiheit vor Gefahren schützt, blieben mir in Erinnerung. In der Tat scheint es so zu sein, dass immer mehr Bürger auf einen Staat drängen, der ihr Leben reguliert. Sie fordern Verbote, Staatseingriffe und werden von einer tiefen Skepsis gegenüber der Marktwirtschaft geleitet. Das halte ich für eine gefährliche Tendenz, da es radikalen Feinden der Freiheit, die mit kollektivistischen Gedanken und scheinbar einfachen Lösungen um die Ecke kommen, in die Hände spielt.
Welchen Rat würden Sie einem klugen, motivierten Studenten geben, der gerade sein Studium abgeschlossen hat und in die Jobwelt eintritt?
Er soll seinen Präferenzen folgen. Als Student wollte ich nach dem Studium unbedingt in einer Unternehmensberatung oder Bank arbeiten. Im Laufe der Zeit wurden Autonomie und ein selbstbestimmtes Arbeiten wichtiger. Für Außenstehende ist dies oftmals nur schwer nachvollziehbar, weil sie nicht beobachten können, dass für jemanden beispielsweise Freiheit den Wert von Betrag X hat, und der Mensch bereit ist, im Tausch gegen Freiheit auf diesen Betrag zu verzichten. Hier möchte ich gerne Mises (Human Action, S. 19) zitieren: “No man is qualified to declare what would make another man happier or less discontented”. Wenn er ein Ziel vor Augen hat, soll er hart dafür arbeiten, sich nicht beirren lassen und auch für seine eigenen Interessen einstehen. Das Risiko des (kurzfristigen) Scheiterns sollte er berücksichtigen.
Ignorieren würde ich den Rat, sich möglichst unauffällig und stromlinienförmig zu geben. Die Gesellschaft braucht unorthodoxe Denker, Menschen, die etablierte Pfade verlassen und ihre eigenen Spuren hinterlassen wollen.
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