Mieterschutz und Co. klingen gut. Aber ob die als Schutz beworbenen Maßnahmen wirklich schützen, ist gerade die Frage.
Arbeitnehmerschutz, Klimaschutz und Mieterschutz klingen allesamt attraktiv. Und so leuchten Forderungen nach Mieterschutz, wie z.B. jene Kevin Kühnerts, der davor warnt, “langjährige Mieter faktisch vom Mieterschutz auszuschließen”, ein. Wer Mitgefühl mit Mietern hat, die derzeit ja unter hohen Mieten leiden, dem wird es kaum naheliegen, gegen so etwas wie den Schutz von Mietern zu sein. Anders ausgedrückt, wer gegen den Mieterschutz optiert, der erweckt schnell das Gefühl, er sei herzlos oder wolle lediglich das egoistische Profit-Streben der wohlhabenden Vermieter unterstützen.
Aber das wäre ein Fehlschluss. Das, was mit solchen Begriffen wie Mieterschutz oder Arbeitnehmerschutz bezeichnet wird, sind in Wahrheit bestimmte staatliche Maßnahmen – mit mitunter unerwünschten Konsequenzen. Es handelt sich um Regulierungen und andere staatliche Eingriffe, beispielsweise den Mietendeckel, den Mietpreisspiegel oder etwa Bauvorschriften.
Wer von Mieterschutz spricht, meint also eigentlich bestimmte Maßnahmen, deren proklamieres Ziel der Mieterschutz ist. Das heißt, die als Mieterschutz geforderten oder verteidigten Maßnahmen sind, wenn überhaupt, lediglich Mittel, um das Ziel des Mieterschutzes zu erreichen. Aber dieses Ziel zu haben, ist etwas ganz anderes, als dieses Ziel zu erreichen. Maßnahmen, die die Mieter schützen sollen, müssen bei weitem nicht die Mieter schützen. Wer beispielsweise strenge Auflagen für Vermieter verabschiedet und dem Vermieter die Kosten für die meisten Reparaturarbeiten aufbürdet, der kann bewirken, dass die Wohnung dem Mietmarkt komplett entzogen wird – und stattdessen selbst genutzt oder aber zum Verkauf gestellt wird. Aber die Verknappung dies Mietangebots hilft den Mietern ja gerade nicht. Das manches Mittel nicht geeignet ist, um das gewollte Ziel zu erreichen, ist eine allgemeine Einsicht.
Im Konkreten ergeben sich zwei Problemstellen. Erstens können die öffentlich bekanntgegebenen Intentionen nicht jene sein, die die staatlichen Akteure wirklich verfolgen. Vielleicht geht es den Politikern gar nicht um den Mieterschutz, sondern um populistischen Aktivismus, der die nächste Wiederwahl sichern soll. Oder vielleicht geht es ihnen gar nicht um Mieterschutz an sich, sondern nur um den Schutz der Bestandsmieter, die eine starke Wählergruppe sind. Zum Beispiel ist die Kommunalpolitikerin möglicherweise hauptsächlich daran interessiert, dass diejenigen, die bereits in der Stadt leben, profitieren – denn diese sind ihre Hauptwählerschaft. Und nicht diejenigen, die vielleicht in Zukunft in die Stadt ziehen könnten.
Und zweitens können die Maßnahmen vollkommen inadäquat sein, um das proklamierte Ziel zu erreichen. So ist es auch im Fall des sogenannten Mieterschutz. Die meisten Maßnahmen, die unter dem Namen Mieterschutz paradieren, sind vollkommen ungeeignet, um Mieter langfristig zu schützen. Wer Mieter wirklich schützen will, der sollte die Finger von Interventionen wie dem Mietendeckel oder Bauregulierungen lassen. Das umso mehr, weil dieser Mieterschutz, wenn überhaupt, ein kurzfristiger Schutz von Bestandsmietern ist – zulasten derjenigen, die eine neue Wohnung suchen, z.B., weil sie neu ins Land kommen, innerhalb des Landes umziehen oder sich aufgrund einer Veränderung ihrer Lebensumstände eine neue Bleibe suchen wollen.
Intellektuelle Redlichkeit verlangt, die Dinge beim Namen zu nennen – anstatt die vorgeschlagenen Mittel gleichbedeutend mit dem Ziel zu erklären. Denn so eine Vorgehensweise verschleiert ja gerade, dass der Streit ja gerade über die Mittelwahl vorherrschen kann: Das reine Propagieren von Mieterschutz führt nicht zu Mieterschutz. Und naive staatliche Interventionen wie Mietpreisdeckel & Co. führen faktisch nicht zu nachhaltigem Mieterschutz. Das ist nicht nur beim Mieterschutz so, sondern auch wenn es um Arbeitnehmerschutz oder Klimaschutz geht.
Natürlich liegt hier auch der Hund begraben. Wer von Mieterschutz spricht, hat automatisch die moralische Hoheit auf seiner Seite. Denn wer auch immer gegen die als Mieterschutz beworbenen Maßnahmen ist – und die meist schädliche Maßnahmen sind, die höchstens einzelne Gruppen begünstigen –, der erscheint nicht vorrangig als Gegner der spezifischen Maßnahmen, sondern als Gegner des Mieterschutzes. Und gerade deswegen ist es so verlockend, derart zu sprechen.