Lasagne im (Büro-)Backofen, Kreissäge im Treppenhaus, Grillen auf dem Fensterbrett, Shopping auf dem Amtscomputer. Alles Dinge, die ich während meiner zweijährigen Ausbildung zum Finanzwirt im Finanzamt mitbekommen habe. Die Anreize, welche im Beamtentum gesetzt sind, führen zu Faulheit bei einigen Beamten und unzureichender Entlohnung der besonders fleißigen Beamten. Ein Erfahrungsbericht.
Aufgeregt saß ich an meinem ersten Tag wartend auf unsere Ausbildungsleiterin da. Ich war stolz, endlich in das “echte” Leben einzusteigen. Der Staatsdienst schien ehrenvoll, anspruchsvoll und interessant zu werden. Die erste Woche der Ausbildung war davon geprägt, dass wir den Ausbildungsablauf näher kennenlerntenn und in die Systeme der Steuerverwaltung eingeführt wurden. Die Schule war auch gut strukturiert und ich ging diese vorerst motiviert an. Das Praxissemester, das folgte, brachte jedoch bereits Enttäuschung in vielerlei Hinsicht.
Das Beförderungssystem im Staatswesen incentiviert zwar harte Arbeit, aber nur bis man eine bestimmte Besoldungsstufe erreicht hat, und dann kann man „die Füße hochlegen“. Denn danach gilt es, auf die großzügige Pension zu warten. Der österreichische Ökonom Ludwig von Mises bemerkte bereits, dass „die Regierungen […] Scharen von faulenzenden Bürokraten Gehälter zahlen“, was in der freien Wirtschaft undenkbar wäre. Während natürlich auch viele Beamten mit hohem Fleiß ihre Arbeit verantwortungsbewusst erfüllen, gibt es leider auch viele, die für die reine Anwesenheit bezahlt werden.
Das habe ich in meiner Zeit beim Finanzamt an eigener Haut erfahren dürfen. In einer Stelle zum Beispiel war es normal, dass man von 6-7 Uhr eine Kaffeepause machte, dann um 9-9:30 die nächste und dann von 12-13 Uhr die Mittagspause. Ob es wirklich zu wenig Arbeit gab, wage ich zu bezweifeln. In einer anderen Stelle konnte ich innerhalb weniger Tage mehr als hundert Fälle bearbeiten, welche sich bei einem Beamten angestaut hatten. Eine Kollegin erzählte mir dann, dass mein Ausbilder sich bei Kollegen darüber beschwerte, dass ich zu viel arbeitete.
Die ineffiziente Arbeitsweise führt außerdem dazu, dass es zu Streit zwischen den einzelnen Stellen kommt. So bezichtigt die eine Stelle, die andere zu wenig zu arbeiten. Zum Beispiel wurde die Stelle, welche für die Bewertung von Grundstücken zuständig ist, als ich im Finanzamt war, „Abstellgleis“ (für ‚ineffiziente‘ Beamte) genannt.
Trotz dieser Missstände wird darauf hingewiesen, dass man mehr Beamte bräuchte, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Bevor man dies jedoch macht, sollte man vorerst die Anreizstrukturen überarbeiten, um die bereits angestellten Beamten zum Arbeiten zu motivieren. Bereits an der zentralen Schule für Finanzwirte in Bayern wird einem beigebracht, wie die Beförderungen funktionieren und wie wir das System mit minimalem Aufwand bestmöglich ausnutzen. Hier komme ich zurück auf das Zitat eines Dozenten, das wie folgt lautete: „Die Jahre auf Probe [bis zur Vollverbeamtung] geben Sie Gas, und dann kann man auch langsamer machen.“
Was leider auch im Sand stecken geblieben ist, ist die Digitalisierung. Im Finanzamt druckt man zum Beispiel weiterhin E-Mails aus, um diese in den Papierakten abzuheften. Die staatlich gesetzten Anreize im Beamtentum und eine digitalisierungsfeindliche Gesetzesstruktur fördern Trägheit im Beamtentum. Bei den Städten geht die Digitalisierung oft bereits schneller voran, da diese mehr Spielraum in ihrer Kooperation mit Unternehmen haben. Als ich noch Anwärter war, scherzten wir daher ab und zu metaphorisch, dass man uns Beamte lieber mit Löffeln arbeiten lässt als mit Schaufeln.
Die langsame Digitalisierung und fehlende Aussicht auf eine echte Reduzierung der Bürokratie machen auch die Beamten unzufrieden. Auf Social Media kann man die Unzufriedenheit einiger Anwärter und jüngerer Beamter mitbeobachten. So sieht man bei den Memes, die z.B. von „finanzamtmemes“ gepostet werden, wie man sich über Arbeitsstrukturen und Probleme lustig macht.
An der Landesfinanzschule hat es auch an Beamtenwitzen nicht gefehlt, so scherzte eine Dozentin, dass es im Finanzamt keine Burnouts gibt, sondern nur ‚Boreouts‘. Das Traurige ist jedoch, dass an diesem Witz viel Wahrheit haftet. Sortieren von Briefen, Suchen von Steuermappen, Sammeln von Dokumenten, Eintragen von Daten, welche über einen Onlinedienst abgerufen wurden, und so weiter. Langweilige Tätigkeiten in einem veralteten System, von denen die meisten automatisiert werden könnten. Da wundere ich mich auch nicht, dass dann verrückte Geschichten zustande kommen, wie das Benutzen einer Kreissäge durch einen Beamten, um Bretter im Treppenhaus zu sägen. Modernisierung hinkt hinterher und die Arbeitsmoral der meisten ist erdrückend. Kein Wunder, dass, wie ich, viele meiner damaligen Kollegen in andere Bereiche der Wirtschaft, weg vom Staat, gewechselt sind.
Der einzige Appell, zu dem man hierbei kommen kann, ist, dass es einen Bürokratieabbau und einen einhergehenden Modernisierungsplan für die veralteten Ämter geben sollte. Es ist falsch, Beamte mit immer besseren Versprechen anzulocken. Stattdessen sollte man die Wurzel des Ineffizienz-Problems angreifen und den Staat an den Stellen, wo er wirklich funktionieren muss, wieder effizienter machen. Gleichzeitig sollte man auch Stellen abbauen, die durch unnötige Bürokratie geschaffen wurden. Ein kleinerer Staat benötigt weniger Beamte, soweit Beamtentum überhaupt noch eine zeitgemäße Arbeitnehmerform ist. Letztendlich kommt das jedem zu Gute. Dem Steuerzahler in Form von weniger zu tragenden Lasten und den Angestellten des Staates in Form von Belohnung ihres Fleißes.
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