Eine Revolution in der Art und Weise, wie wir zusammenleben – und eine neue Chance für Expats? Freie Städte sind ein recht junges, aber sehr spannendes Konzept. Was genau es mit dieser Idee auf sich hat, erläutert Alex Voss von der Free Private Cities Foundation.
Keinen Leser dieses Artikels wird die Feststellung überraschen, dass die Situation in den USA und in großen Teilen der westlichen Welt bedrohlich ist. Wir ertrinken in Schulden, und unsere politischen Führungskräfte ziehen es vor, Virtue-Signaling in der Außenpolitik zu betreiben anstatt die Versorgung von Babys mit Babymilch zu sichern. Die beiden großen US-amerikanischen Parteien streiten über die Legitimität der US-Wahlen. Eine Lösung scheint nicht in Sicht.
Was tun? Bleiben und für die Freiheit kämpfen? Wenn ja, wie vorgehen? Versuchen, das Geringere der beiden Übel zu wählen?
Manch einer, der unzufrieden mit seinem Land ist, entscheidet sich für die Auswanderung auf der Suche nach mehr Freiheit und einer Gemeinschaft, die den eigenen Werten mehr entspricht. Wer an einem ruhigen und stabilen, wenn auch teuren Lebensstil interessiert ist, der wird die Schweiz in Erwägung ziehen. Wer etwas Günstigeres sucht, wo man mit dem hart verdienten Geld mehr kaufen kann, der schaut nach Lateinamerika. Lieber ein Land mit vergleichbar laxen Gesetzen und Regulierungen, die aber durchgesetzt werden, oder ein Land mit formal erdrückenden Regeln, die aber nicht durchgesetzt werden können? Lösungen zu finden, die für alle passen, ist schwierig.
Aber es entsteht eine neue Form von Jurisdiktion, die eine attraktive Alternative für all jene darstellt, die nach “Leben und Leben lassen” streben. Diese Jurisdiktion sind Freie Städte.
Die Idee von Freien Städten wird in dem Buch Freie Privatstädte: Mehr Wettbewerb im wichtigsten Markt der Welt von Dr. Titus Gebel entwickelt. In diesem Artikel spreche ich aber von Freien Städten, und nicht Freien Privatstädten. Der umfassendere Begriff Freie Städte umfasst nämlich auch solche Konzepte wie Prosperity Zones, Charter Cities, (manche) Sonderwirtschaftszonen, semi-autonome Regionen von Nationalstaaten sowie intentional Communities. In zukünftigen Artikeln werde ich auf die wichtigsten Unterscheide dieser Strukturen eingehen, mich hier aber auf das Thema Freie Städte allgemein fokussieren.
Freie Städte sind Jurisdiktionen innerhalb eines bereits bestehenden Nationalstaates, in denen das Regieren unternehmerisch kreativ ausgestaltet werden kann. Regierungen stellen die Regeln und Regulierungen zur Verfügung, nach denen ihre Bewohner zu leben haben. Verteidiger von Freien Städten argumentieren, dass das, was Regierungen bereitstellen, eher wie Dienstleistungen aus anderen Sektoren behandelt werden sollten, wie z.B. Elektronik, Lebensmittel, Bauwesen oder Kleidung. Sie argumentieren, dass jene Dienstleistungen, die man mit Regierungen verbindet – sowas wie Infrastruktur, Polizei, rechtliche Entscheide – deutlich effektiver durch den Marktmechanismus bereitgestellt werden können, wo Bürger nur für jene Dienstleistungen zahlen, die sie wirklich haben wollen.
Unsere westliche Welt ist stolz auf ihre demokratische Regierungsform. Aber wenn wir unter Demokratie “self-governance” verstehen, dann sind diese Staaten bei weitem nicht demokratisch genug. Wenn Lösungen für Millionen von Menschen gemacht werden müssen, gibt es Grenzen für den Einfluss, den eine durchschnittliche Person auf die politischen Ergebnisse auf nationaler Ebene nehmen kann. Man kann kaum von self-governance sprechen.
Mehr und mehr Expats sind in den letzten Jahren aus westlichen Staaten emigriert. Aber ärgerlicherweise konnten sie nur zwischen einer wenig vielfältigen Auswahl an Nationalstaaten wählen. Manche Staaten sind demokratischer und haben einen stärkeren Rechtsstaat, andere diktatorischer und wieder andere kleptokratischer; aber das grundsätzliche Modell all dieser Staaten ist das steuerfinanzierte Regieren.
Die meisten bevorzugen demokratischere Staaten, aber selbst die beste Demokratie ist weit weg davon entfernt, ein Maximum an Freiheit zu garantieren. Freie Jurisdiktionen gibt es kaum, egal welche Regierungsform.
Aus mehreren Gründen sind Freie Städte erfolgreicher als konventionell regierte Territorien:
1 Sie sind profit-orientiert
Freie Städte wollen Geld machen. Manch einer mag das als Nachteil sehen – werden sie nicht versuchen, via Steuern oder Gebühren möglichst viel Geld zu machen? Vielleicht. Aber sie müssen sich ja gerade im Wettbewerb gegen andere Regierungsformen durchsetzen, um neue Bewohner zu gewinnen. Das werden sie kaum erreichen, wenn die Steuern hoch sind. Gleichzeitig führt das Profitmotiv dazu, dass Freie Städte deutlich empfänglicher dafür sind, was die Bürger fordern. Freie Städte können nur dann erfolgreich sein (und Geld verdienen), wenn ihre Bürger glücklich und wohlhabend sind und sie in einer angenehmen, sicheren und gepflegten Umgebung leben.
2 Sie setzen best practices um
Freie Städte werden nicht von obskuren Gesetzen, der Bürokratie und diversen geopolitischen Arrangements eingeschränkt, mit denen sich die klassischen Regierungen herumschlagen müssen. Zum Beispiel können Freie Städte den e-governance Ideen von Estland folgen, der soliden Geldpolitik El Salvadors, der Einfachheit, mit der man in Neuseeland oder Singapur Geschäfte machen kann. Sie können sich an den disziplinierten Polizei- und Sicherheitdienstleistungen privater Sicherheitsanbieter orientieren sowie aus Common Law-Ländern Inspiration für Regulierung und Streitlösung ziehen.
3 Sie sind klein
Aus diesem Grund müssen sie innovativ und anpassungsfähig sein – und wir werden vielfältige, verschiedene Freie Städte haben. So entsteht mehr Wettbewerb zu Gunsten der Bewohner, die die Kombination von Dienstleistungen und Pflichten wählen können, die sie am besten finden.
Die Idee von Freien Städten steckt noch in den Kinderschuhen. Aber es gibt bereits Projekte, die Teile der Idee in die Praxis umsetzen. Die besten Beispiele sind die Honduran Zones for Employment and Economic Development (ZEDEs). Auch wenn leider kürzlich das ZEDE-Gesetz abgeschafft wurde – somit können keine neuen ZEDEs geschaffen werden – behalten die bereits bestehenden in der absehbaren Zukunft ihren Status. Um genau zu sein ist das, was gerade passiert, ein Prüfstein, um zu sehen, wie robust Freie Städte angesichts von Unsicherheiten sind.
Allein in Honduras gibt es drei sehr unterschiedliche Freie Städte-Projekte mit Gastgeber-Staaten. Stadtbetreiber müssen win-win-Situationen für ihren Gastgeber-Staat schaffen, damit die Projekte eine Chance haben. Aber da die Regierungen unter Druck stehen ihre Schulden abzubauen, kann man davon ausgehen, dass sie neuen Wegen, wie Investments und Entwicklung gefördert werden können, offen gegenüber stehen. Die neuen, zukünftig entstehenden Freien Städte werden eine richtige Exit-Option für jene darstellen, die von der derzeitigen Eintönigkeit in der Governance frustriert sind und sich mehr Freiheit wünschen.
In den nächsten Monaten werde ich noch mehr über Projekte und Strukturen von Freien Städten schreiben und auch darlegen, wieso ich das von Dr. Titus Gebel skizzierte Freie Privatstädte-Framework für am vielversprechendsten halte.
Wer Interesse daran hat, mehr über unsere Ideen zu erfahren, ist herzlich eingeladen, unsere Liberty in Our Lifetime-Konferenz zu besuchen, die vom 21.-23. Oktober in Prag stattfindet. Die Free Cities Foundation organisiert ein dreitägiges Programm mit Vorträgen, Seminaren und Networking-Events über die Frage, wie neue Gemeinschaften, Finanztechnologien und innovative Bildungsprodukte die Souveränität des Einzelnen unterstützen. Mehr Informationen über die Konferenz und Tickets findet ihr hier. Mit dem Promo-Code Alex erhaltet ihr 15%-Rabatt, wenn ihr mit Eventbrite bucht.
Der Artikel erschien im Original auf Englisch im Escape Artist Insiders Magazine und wird hier mit freundlicher Genehmigung in der deutschen Übersetzung veröffentlicht.